Buchmalerei
Bildinitiale und Initialbuchstabe (Skarðsbók Jónsbókar AM 350 fol.). |
Die Kunst der Illustration
Kunstsammlungen gab es einst ausschließlich in Kirchen, da dort die Mittel vorhanden waren, zu Ehren Gottes Kunstwerke anfertigen zu lassen. Die erhaltenen Handschriften und ihre Verzierungen geben neben Schnitzereien am besten Auskunft über die isländische Kunst des Mittelalters. Bildverzierungen in Handschriften sind nicht zuletzt wichtig, weil sie Hinweis darauf geben, dass die Kirchenkunst auf Island florierte und Malereien, d.h. Heiligenbilder, die später verloren gegangen sind, Kirchen geschmückt haben müssen. Die Verzierungen in isländischen Handschriften sind bisher nur wenig erforscht worden, aber die existierenden Untersuchungen zeigen, dass die Isländer Einflüsse aus ganz Europa aufgenommen haben, insbesondere aus England.
ür das Ausführen dieser Technik. Vermutlich lässt die Verwendung dieses Begriffs sich dadurch erklären, dass Bücher außerhalb Islands oft mit Goldmalerei verziert wurden, wodurch die verzierten Seiten glänzten. Bewahrte Handschriften zeigen, dass diejenigen, die Handschriften verfassten und illuminierten, einen hohen Grad an Kunstfertigkeit erlangten, sei es bei der Form der Buchstaben, bei Verzierungen oder Bildern.
Aufgeschlagene Seiten aus dem Gesetzesbuch Grágás, Staðarhólsbók AM 334 fol., aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit einer Vielzahl an Initialbuchstaben. |
Die Entwicklung der Illuminationen in isländischen Handschriften
Die ältesten Illuminationen, von denen man mit Sicherheit sagen kann, dass sie isländischen Ursprungs sind, befinden sich in zwei Handschriftenfragmenten der wissenschaftlichen Schrift Physiologus von um 1200. Sie sind im ersten Fragment im romanischen Stil gehalten, die Illuminationen im zweiten Fragment deuten jedoch auf alte Bildvorlagen von möglicherweise angelsächsischem Ursprung hin. Zwei Handschriften der isländischen Freistaatsgesetze, die Staðarhólsbók Grágásar AM 334 fol. und die Konungsbók Grágásar GKS 1157 fol. aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und später, sind mit schönen romanischen Initialbuchstaben illuminiert, die belegen, dass die Tradition des Illuminierens um die Mitte des 13. Jahrhunderts gefestigt war. Es sind jedoch nur wenige bebilderte Handschriften aus der Zeit bis 1300 erhalten, von da ab häufen sie sich allerdings beträchtlich.
Das 14. Jahrhundert war die Blütezeit der Buchproduktion auf Island und zu diesem Zeitpunkt scheinen die Isländer alle Bereiche der Buchkunst gut zu beherrschen, alles von der Verarbeitung der Tierhäute über das Schreiben bis hin zur Kunst der Illustration. Nach der Anzahl und Vielfältigkeit der bebilderten Handschriften aus dieser Zeit zu urteilen, kann man davon ausgehen, dass sich bestimmte „Schulen“ der Handschriftenillumination entwickelt hatten, wie beispielsweise in den Klöstern Helgafell, wo vermutlich die Skarðsbók Jónsbókar AM 350 fol. geschrieben und illustriert wurde, und Þingeyrar, wo wahrscheinlich die Bibelübersetzung Stjórn AM 227 fol. entstand.
Verzierter Initialbuchstabe (Staðarhólsbók Grágásar AM 334 fol.). |
Namenlose Künstler
Die Künstler des Mittelalters waren, wie auch die Gerber und Schreiber, meist unbekannte Fachleute. Die wenigen Quellen, die uns ihre Namen überliefern, deuten darauf hin, dass es sich bei ihnen vorwiegend um Männer handelte. Nichts spricht jedoch dagegen, dass auch Frauen in diesen Arbeitsfeldern tätig waren, wie es in der Tat in Nonnenklöstern außerhalb Islands seit dem 10. Jahrhundert der Fall war. Quellen belegen, dass isländische Frauen, und darunter sicher Nonnen, an der Dekoration von Kirchen, zumindest durch Näh- und Webarbeiten, effektiv beteiligt waren.
Die Illuminatoren von Handschriften nannten in den Handschriften ebenso selten ihre Namen wie die Schreiber. Eine Ausnahme stellt jedoch das Vorwort der Flateyjarbók dar, wo angegeben wurde, wer sie geschrieben und illuminiert hat und außerdem für wen sie geschrieben wurde. So etwas ist einmalig bei isländischen Handschriften aus dem Mittelalter. Zwei Priester, Jón Þórðarson und Magnús Þórhallsson schrieben das Buch und Magnús illuminierte es auch. Von letzterem heißt es, er habe eine weitere enorm schöne Handschrift, Stjórn AM 226 fol., gestaltet.
Ganzseitige Verzierung (Bildinitiale) (Bibelübersetzung Stjórn AM 227 fol.). |
Illuminationen: Initialen und Bildinitialen
Die häufigsten Illuminationen in Handschriften sind die der Initialen und Bildinitialen. Bildinitialen stehen zu Beginn neuer Geschichten oder Abschnitte in Gesetzen und ihr Bildinhalt richtet sich häufig nach dem Textinhalt oder spielt auf bestimmte Weise auf ihn an. Initialbuchstaben sind meist verschnörkelt oder verziert und stehen am Anfang eines Kapitels oder Abschnittes, sie sind jedoch kleiner als Bildinitialen und kommen häufiger im Text vor. Außerhalb Islands war es durchaus üblich, Gold in die Verzierungen einzuarbeiten. Dies scheint auf Island eine Seltenheit gewesen zu sein, auch wenn es hierfür einige wenige Beispiele gibt.
Bildinitiale und Initiale (Königssaga-Handschrift Flateyjarbók GKS 1005 fol.). |
Es wurden unterschiedliche Bild-Stile und Farben verwendet, sodass man beinahe sagen kann, dass jede mit Bildern verzierte Handschrift ihre eigenen Charakteristika hat, obwohl es Gruppen von Handschriften gibt, deren stilistische Merkmale sich sehr ähneln. Handschriften, die Heiligenlegenden enthalten, sind wie andere Glaubenstexte sehr kunstvoll verziert und ein Zeugnis für Prunk und Reichtum der Kirche. Viele isländische Gesetzesbücher sind ferner wunderschön verziert und eine große Anzahl davon ist erhalten geblieben. In manchen von ihnen, z.B. der Heynesbók AM 147 4to und der Reykjabók AM 345 fol. aus der zweiten Hälfte des 15. und 16. Jahrhunderts, sind die Ränder nahezu jeder Seite mit abwechslungsreichen und farbig verzierten Zeichnungen aus dem menschlichen Alltag geschmückt, die eindeutig von talentierten Zeichnern angefertigt wurden.
Bildinitiale (Gesetzesbuch Svalbarðsbók AM 343 fol.). |
Saga-Handschriften und Gedichtbände
Saga-Handschriften sind oft mit verzierten, manchmal farbigen Initialbuchstaben am Anfang von Sagas und Kapiteln versehen, Bildinitialen sind jedoch sehr selten. Die nahezu einzigen Saga-Handschriften, die bebildert sind, sind die Kálfalækjabók AM 133 fol., eine Handschrift der Njáls saga, in der drei Bildinitialen enthalten sind, und die Königssaga-Handschrift Flateyjarbók GKS 1005 fol., die reich mit Bildern verziert ist. Einige weitere Königssaga-Handschriften enthalten ebenso Verzierungen.
Tintenzeichnungen (Margrétar saga AM 431 12mo.). |
Rímur- und Gedichtbücher sind normalerweise nicht verziert, obwohl es Ausnahmen wie die Rímur-Handschrift AM 604 4to gibt. Die Illuminationen in diesem Buch sind fast alle mit Tinte gearbeitet und befinden sich meist an den Rändern.
Auf die gleiche Weise ist ein kleines Buch mit der Margrétar saga AM 431 12mo von um 1500 mit interessanten Tintenzeichnungen verziert, wobei es selten vorkam, dass kleine Bücher großartig verziert wurden. Im Schlussteil des Buches steht am Rande geschrieben:
Lange hast du an dieser Geschichte geschrieben, junger Jón Arason. Kaum kann man dies ein Schreiben nennen, das erschiene mir falsch, eher ist es Gekritzel und schlecht gekritzelt. Betet, wie zuvor, für Jón Arason, diejenigen, die ihr die Geschichte lest. Mögen Gott und meine Heilige Jungfrau Maria uns alle in Ewigkeit bewahren, Amen. |
Der Schreiber des Buches war wahrscheinlich Jón Arason, Sohn des Pfarrers Ari Jónsson in den Westfjorden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der gemeinsam mit seinen Söhnen Jón und Tómas viele Bücher geschrieben und verziert hat. Ihre Handschriften ähneln sich allerdings so sehr, dass es sich als schwierig herausgestellt hat, sie auseinander zu halten.
Die Illuminationen in der Rímur-Handschrift AM 604 4to und der genannten Handschrift der Margrétar saga sind Beispiele für eine Vorgehensweise, die bei Handschriften aus dem 16. Jahrhundert weit verbreitet war und sie verraten, dass gedruckte Buchstaben aus Büchern als Vorbilder für die Initialbuchstaben in Handschriften dienten. Ari Jónsson und seine Söhne schrieben und verzierten ebenfalls die oben genannte Rímur-Handschrift.
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