Die Schreiber
Schreiber an einem Pult (Flateyjarbók GKS 1005fol.) |
Handgeschriebenes Material
Nachdem die Isländer im 11. Jahrhundert begonnen hatten, sich die Kunst des Schreibens anzueignen, wurde jegliche Lektüre von Hand geschrieben, ganz gleich ob es sich um kürzere Briefe oder dicke Bücher handelte. Diese Arbeit wurde von Schreibern verrichtet, einer eigenen Berufsgruppe, man schrieb jedoch besonderes in späteren Jahrhunderten auch zum eigenen Vergnügen.
Die Arbeit eines Schreibers, wie auch die der meisten anderen, die im Mittelalter an der Herstellung eines Buches beteiligt waren, war kompliziert und zeitaufwendig. Zuerst musste das Pergament für das Schreiben vorbereitet werden, indem Linien und Spalten eingezeichnet wurden, damit die Schrift gerade wurde. Anschließend konnte der Schreiber an seinem Pult einen Federkiel zur Hand nehmen und damit beginnen, die Handschrift Buchstabe für Buchstabe niederzuschreiben.
Berufsschreiber hatten Zugang zu speziellen Schreibstuben oder Skriptorien und bekamen ihre Arbeit bezahlt, Amateurschreiber jedoch arbeiteten ohne Entgelt in ihrer Freizeit und mussten sich beim Schreiben mit den Bedingungen in ihrem eigenen Heim zufrieden geben. Trotz der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen hatten die meisten Schreiber eines gemeinsam: Sie froren, wenn es draußen kalt war, und sie sahen schlecht in den dunklen und dürftig beleuchteten Gebäuden. Aber was für Leute beschäftigten sich eigentlich im Mittelalter mit dem Schreiben von Büchern
Schreiber in Europa
Schreiber, die Bücher zu Papier bzw. zu Pergament brachten, waren an vielen Orten in Europa tätig. Zu Anfang wurden Bücher in Klöstern von Mönchen und Nonnen geschrieben. Die Bibliotheken der Klöster spielten bei den täglichen Verrichtungen im Kloster eine wichtige Rolle. Es war daher notwendig, den Bibliotheksbestand regelmäßig aufzufrischen und die Bücher zu erneuern, die zerschlissen und aus dem Leim gegangen waren. Die Klöster wurden mit der Zeit bekannt für ihre Buchproduktion, und es wurde eine ihrer Einnahmequellen, Bücher auf Bestellung für Auftraggeber außerhalb der Klostermauern niederzuschreiben.
Als die Zahl der Universitäten in Europa nach 1200 anstieg, benötigte man in großem Maße Schreiber zur Produktion von Lehrbüchern für Geschichte, Rechtskunde, Theologie, Medizin und Philosophie. Zur dieser Zeit brauchte man Schreiber ebenfalls zum Aufsetzen von Dokumenten unterschiedlicher Art, wie z.B. von Verträgen und Bekanntmachungen. Daher bildete sich eine eigene, zahlenmäßig starke Schicht von Berufsschreibern außerhalb der Klöster heraus.
Mit der Zeit ergab es sich, dass Schreiber auch in Diensten hochstehender Persönlichkeiten arbeiteten, die sich Bücher zulegen wollten. Mit dem Aufkommen eines billigeren Rohstoffs, dem Papier, im 15. Jahrhundert hatten immer mehr die Möglichkeit zum Schreiben, woraufhin viele Amateurschreiber Bücher für den Eigengebrauch schrieben.
Ein Lehrer liest aus einem Buch vor. |
Die Ausbildung der Schreiber
Wer im Mittelalter sein Geld mit dem Schreiben verdienen wollte, brauchte eine bestimmte Ausbildung. Schreibkenntnisse waren natürlich Voraussetzung und es schadete auch nicht, lesen zu können. Das war jedoch nicht zwingend notwendig, denn Lese- und Schreibkenntnisse gehörten im Mittelalter nicht unbedingt zusammen. Man geht z.B. davon aus, dass zur damaligen Zeit wesentlich mehr Leute lesen lernten als schreiben, weshalb mehr Leute Bücher lesen konnten als selbst Bücher zu schreiben. Das Handwerk des Schreibens lag daher in den Händen einiger weniger, die eine spezialisierte Ausbildung erhalten hatten.
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