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Wo wurde unterrichtet?

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Aus einer Handschrift der Bücher Mose vom Ende des 14. Jhs. Der Schüler liest aus einem Buch und folgt den Zeilen mit einem Zeigestab. Sein Lehrer holt mit einer Rute zum Schlag aus. Schläge waren im Unterricht keine Seltenheit. Urheberrechte: British Library. Kopieren strengstens verboten.

Bischofssitze -- Domschulen
In katholischer Zeit war Schulausbildung und Unterricht im Wesentlichen an Bischofssitze, Klöster und große Höfe mit eigener Kirche gebunden. Die Lage des Landes, die dünne und weit verstreute Besiedlung prägte die Arbeit der Kirche und der Bildungsstätten sicherlich. Es ist davon auszugehen, dass mit der Einrichtung eines einheimischen Bischofssitzes auch der Unterricht im Namen des Bischofs des Landes begann, wie es auch aus Quellen hervorgeht. Allerdings fehlten alle Voraussetzungen für ein Unterrichtswesen wie in ausländischen Dom- oder Klosterschulen.

Nachdem die Bistümer gegründet worden waren, zuerst in Skálholt (1056), dann in Hólar (1106), entstanden Berichte über den Unterricht dort. Es ist aber unmöglich zu sagen, inwiefern er ununterbrochen durchgeführt wurde. Zudem hing es allein von den Bischöfen ab, wie viel Ehrgeiz sie zu welcher Zeit in den Unterricht steckten. Die Domschulen waren in erster Linie Priesterschulen, der Unterricht zunächst informell, er wurde aber im Laufe der Zeit förmlicher und dem heutigen ähnlicher.

Der Quellenwert der Bischofssagas - Unterricht in den Bischofssitzen
Über das Leben und Wirken einiger Bischöfe wurden Sagas verfasst. Derartige Texte wurden vielerorts in Europa produziert. Lateinische Fassungen wurden bei Messen gelesen oder zu den Feiertagen des jeweiligen Bischofs, sofern er in seinem Heimatland oder auch andernorts zu den Heiligen zählte. Viten und Wunderberichte zum Beweis ihrer Heiligkeit entstanden in den Skriptorien der Kirchen und Klöster oder am Sitz des Papstes. Andere Geschichten waren eher für den Hausgebrauch, wie z.B. die Lebensgeschichten jener Bischöfe, die Vertreter der Kirchenmacht waren. Diese Geschichten existierten dann nur in der Muttersprache.

Die Geschichten von Bischöfen wurden oftmals erst lange Zeit nach den Ereignissen, von denen sie berichten, niedergeschrieben. Wichtig war, dass die Taten der Bischöfe positiv dargestellt wurden. Sie wurden Heiligengeschichten nachempfunden, wenn die Möglichkeit bestand, dass ein Bischof in die Liste der Heiligen aufgenommen würde.

Der Lehrbetrieb und das Unterrichtswesen werden oft beschrieben, sei es bezüglich der Bildung, Geschichtsschreibung oder Buchproduktion. Die Bischöfe waren verantwortlich für die Ausbildung ihrer Geistlichen. Diese wurde daher in den Bischofsgeschichten besonders betont. Der Quellenwert der Geschichten muss in diesem Lichte beurteilt werden. Es ist denkbar, dass die Unterrichts- und Bildungsarbeit mancher Bischöfe übertrieben dargestellt wurde, ebenso ist es möglich, dass diese Geschichten viel mehr über die Umstände der Zeit der Niederschrift, im 13. und 14. Jahrhundert als über die Lebenszeit des betreffenden Bischofs aussagen.

Die Schule des Bischofs Jón in Hólar
In der Saga von Jón Ögmundsson dem Heiligen (1052-1121) heißt es, er habe die Priesterschule in Hólar gegründet. Wahrscheinlich lernte er in Lund, wo er sich 1106 anlässlich seiner Bischofsweihe aufhielt, ein Unterrichtssystem kennen. Von dort bekam er mindestens zwei Lehrer zu seiner Unterstützung. Gísli Finnason, aus Götaland, unterrichtete Latein, der Franke Ríkini unterrichtete Gesang, denn Lob- und Messgesang war ein unverzichtbares Element katholischer Zeremonien. In der Geschichte von Jón heißt es auch, dass die Predigten dazu gedacht waren, die Gemeinde zu lehren, wohingegen das Studium an der Hochschule auf Latein, die Lektüre der Schrift (Theologie) und den Gesang ausgelegt war. Zwei Jahrhunderte später war Lárentíus Kálfsson (1267-1331) Bischof in Hólar (ab 1324), und der von ihm handelnden Saga nach zu urteilen, schien das Schulsystem zu seiner Zeit ähnlich ausgeprägt gewesen zu sein. 

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Das tägliche Leben in der Klosterschule. Den Schuljungen wurden verschiedene Arbeiten übertragen. Aus einer französischen Handschrift vom Ende des 14. Jahrhunderts.

Klosterschulen
Auch in den Klöstern Europas fand Unterricht statt. Die ältesten Klöster Islands wurden im 12. Jahrhundert gegründet. Angehende Mönche und Nonnen mussten Latein, Messgesang, Gebete, Meditation und die Regeln des jeweiligen Klosters erlernen. Der Lehrstoff war nicht ausschließlich Buchwissen, vielmehr sollten die Novizen auch lernen, indem sie ihre Lehrer beobachteten. Lesen und Schreiben waren nichtsdestotrotz ein wichtiger Teil der Arbeit, die Mönche und Nonnen verrichteten. Einige namentlich bekannte Autoren und Schreiber des isländischen Mittelalters waren Mönche.

Angehende Priester wurden auch in Klöstern ausgebildet, viele Mönche und die meisten Äbte hatten die Priesterweihe empfangen. Auch Knaben, die nicht die Priesterlaufbahn anstrebten, habenvermutlich eine Art Schulausbildung in Klöstern erhalten. Wahrscheinlich besuchte der Klosterpriester den Jungen regelmäßig und unterrichtete ihn zu Hause. Die beste Möglichkeit für Frauen, Bildung zu erwerben, bestand darin in ein Kloster einzutreten. Das war allerdings nicht jedem möglich. Auf Island brachte man üblicherweise sein Hab und Gut mit ins Kloster oder bezahlte auf diese Art für die Ausbildung seiner Kinder. Derartige Ausbildungsverträge sind erhalten geblieben.

Klosterleben auf Island
Das erste Kloster des Landes,in Þingeyrar, wurde im Jahre 1133 offiziell gegründet, in der Zeit des Bischofs Ketill Þorsteinson (1122-45), wenngleich der Anfang des Klosterlebens dort möglicherweise schon in die Zeit von Jón Ögmundsson fällt, Ketills Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von Hólar. In der Hungurvaka heißt es, Gróa, die Frau des Bischofs Ketill und Tochter des Bischofs Gizur, sei nach dem Tod ihres Mannes Nonne in Skálholt geworden, also bevor überhaupt ein Kloster auf Island errichtet worden war. Möglicherweise machte sich Gróa Gizursdóttir die Ausbildung ihrer Verwandten und ihres Ehemannes zunutze, denn sie entschloss sich, ihr Leben als Nonne und Einsiedlerin abzuschließen. Ein solches Leben war wahrscheinlich der Lektüre und dem Gebet gewidmet.

Große Höfe und Bildungsstätten
Zu Priestern geweihte Großbauern hielten schon früh Unterricht auf ihrem Grund und Boden ab, z.B. wird berichtet, Sæmund der Weise (1056-1133) habe in Oddi im Bezirk Rángárvellir eine Schule gegründet, Teit Ísleifsson im Haukadalur im Bezirk Biskupstungur. Letztgenannte Schule war möglicherweise mit dem Bischofssitz in Skálholt verbunden, da Ísleif, der Vater von Teit, dort der erste Bischof des Landes war, und Gizur, sein Bruder, der zweite. Quellen berichten von Schulen überall im Land. Priester einiger größerer Kirchen unterrichteten, wenn es sich dabei auch nicht immer um förmlichen Schulunterricht handelte, wie z.B. die Sagades Priesters Guðmund Arason des Guten (Bischof in Hólar 1203-37) zeigt. Bekannt ist auch, dass der Skalde Ólaf Þórðarson (gegen 1210-59), der aus dem Geschlecht der Sturlungen stammte und geweihter Subdiakon war, im 13. Jahrhundert eine Schule in Stafholt im Borgarfjörð leitete und dort unter anderem Rhetorik unterrichtete.

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Ein Lehrer unterweist einen aufmerksamen Schüler.

Unterricht und Buchproduktion auf großen HöfenAußerhalb der Bischofssitze und Klöster lag die Bildung und Buchproduktion in denHänden jener Großbauern, deren Höfe Kirchenstandorte waren. Sie hatten drei bis sieben Geistliche gleichzeitig in Dienst. Um 1300 waren etwa 30 solcher Großkirchen im Besitz von Goden oder anderen Großbauern überall im Land verteilt. Es gab außerdem etwa 300 Kirchen, kleinere Kirchen und Gebetshäuser nicht mitgerechnet. Die Geistlichkeit des Landes ist für diese Zeit auf ein paar Hundert Angehörige beziffert worden. Allerdings waren Lese- und Schreibkenntnisse unter jenen, die keine Priesterweihe empfangen hatten, wahrscheinlich deutlich verbreiteter als andernorts in Europa. Die Menge und Vielfalt der bewahrten Handschriften aus dieser Zeit, die neben kirchlichen Themen auch von ganz anderen Dingen berichten, deutet darauf hin, dass zu allen Zeiten recht viele Menschen im Land lesen und schreiben konnten, wie auch darauf, dass die Wohlhabenden das Interesse und den Willen hatten, selbst zu schreiben oder für sich schreiben zu lassen, wobei sie ihre eigenen Interessen verfolgten.

Studien- und Pilgerreisen
Jene Männer, die im Ausland studierten, lernten die dortigen Kulturströmungen kennen und brachten Bücher mit nach Island, die entweder umgeschrieben oder aus dem Lateinischen übersetzt wurden. Isländer und Isländerinnen unternahmen auch Pilgerreisen, u.a. nach Rom oder Jerusalem. Dabei kamen sie weit herum, schließlich war die Reise selbst von ebenso großer Bedeutung wie das Ziel. Auf ihrem Weg besuchten die Pilger Orte, die mit Ereignissen oder Personen aus heiligen Schriften verbunden waren und reflektierten über diese. Sie übernachteten unterwegs oft in Klöstern und entdeckten dort möglicherweise interessante Glaubensschriften und Wissenschaftsliteratur ihrer Zeit.

über Heimunterricht
zur Bedeutung der Taufe