Das Bildungsprogramm der Karolinger und Alkuins von York
Karl der Große gewann den Angelsachsen Alkuin von York (730-804), um für die Karolinger ein Bildungsprogramm zu erarbeiten, dass sich später über weite Teile Europas ausbreiten sollte. Bevor Alkuin 782 in den Dienst Karls des Großen trat, war er Leiter der Domschule von York gewesen, einer der bedeutendsten Bildungsstätten Nordeuropas in jener Zeit. Zwischen 782 und 796 war er Leiter der Hofschule in Aachen, der Residenz des Karolingerreiches, stand dort unter anderem einer produktiven Schreibstube vor und verfasste wissenschaftliche Texte, sowohl für Laien als auch für Gelehrte, um das Bildungsprogramm der Karolinger zu verbreiten. Im Auftrag Karls legte er eine revidierte Übersetzung der Bibel vor. Alkuin setzte sich desweiteren für Reformen im Bereich der Liturgie ein und schrieb zu diesem Zwecke Briefe, Gesangsbücher für Messen und religiöse Texte.

Von 796 bis zu seinem Tode 804 war Alkuin Abt im Kloster des Heiligen Martin in Tours  im heutigen Frankreich, wo er weiterhin schrieb und unterrichtete und zudem Berater der Bischöfe und Könige in moralischen Fragen war. Eines seiner Werke ist die Abhandlung "Über Tugenden und Laster" (De virtutibus et vitiis), das auch „Spiegel“ (speculum) genannt wird, eine Unterweisung in christlicher Moral für Laien des gehobenen Standes. Diese Abhandlung existiert in einer nordischen Übersetzung,die in vier Manuskripten erhalten geblieben ist.Das älteste ist das etwa um 1200 entstandene Norwegische Homilienbuch, AM 619 4to, darüber hinaus existieren drei isländische Manuskripte aus dem 15. Jahrhundert (AM 685d 4to, AM 688a 4 to, AM 58 8vo).

Teile der Abhandlung wurden als Einschübe in die Jónsbók aufgenommen, das Gesetzbuch der Isländer (von 1281), in Handschriften aus der Zeit um 1400 oder später. Dies scheint eine isländische Tradition gewesen zu sein. Hauptsächlich gilt das für die Kapitel 20, 21 und 7, das heißt jene über Richter, über Meineid und über die Nachsicht in Urteilen, eine Art moralische Mahnung an Richter, die dann in das Kapitel zur Unantastbarkeit des Menschen eingefügt wurden. Dieses Kapitel bestand darüber hinaus aus Gesetzen des norwegischen Königs Magnús VI., der „Gesetzesverbesserer“ genannt wurde. Das Kapitel zu den Urteilenden findet sich zum Beispiel in AM 42a 8 vo und AM 128 4to, ein Kapitel zum Meineid in AM 55 8vo, AM 458 12mo und ein Kapitel über Nachsicht in Urteilen in AM 140 4to.

Der norwegische König Magnus VI. regierte von 1263 bis 1280 und erhielt den Beinamen "Gesetzesverbesserer", da er die Gesetzgebung in Norwegen mit Hilfe neuer Landesgesetze, die in zwischen 1274 und 1276 entstandenen Gesetzesbüchern festgehalten wurden, vereinheitlichte. Bis dahin hatte jeder Landesteil seine eigenen Gesetze. Seinen neuen Untertanen, den Isländern, sandte er zunächst das Gesetzbuch Járnsíða (welches zwischen 1271 und 1273 in Kraft trat), das allerdings unbeliebt war, so dass ein überarbeitetes Gesetzbuch, die Jónsbók, 1281 angenommen wurde und in seiner Gesamtheit bis ins 18. Jahrhundert Anwendung fand. Einige Teile der Jónsbók behielten sogar noch darüber hinaus ihre Gültigkeit.

Die Schrift der Karolinger
Das Reich der Karolinger war enorm groß und um die Verwaltung sowie die Verbreitung lateinischer Texte im Reich zu vereinfachen, wurde eine neue Schriftart eingeführt, die sogenannte Karolingische Minuskel. Sie baute auf der antiken römischen Halbunziale auf und war zudem von der Insularen Schrift beeinflusst, die sich ab dem 7. Jahrhundert in englischen und irischen Klostern entwickelt hatte und die Alkuin zweifellos kannte. Die Schrift der Karolinger war in Europa bis um das Jahr 1200 verbreitet und findetin den ältesten erhaltenen isländischen Handschriften und Fragmenten Anwendung. Sie ermöglicht die  Altersbestimmung dieser Handschriften.

 

 

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