Árni Magnússon

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Árni Magnússon, 1663–1730.

Kindheit
Árni Magnússon wurde im November 1663 in Kvennabrekka in Dalir geboren. Dort wuchs er bei seinem Urgroßvater Ketill Jörundarson auf, der Priester und einer der wichtigsten Schreiber des 17. Jahrhunderts war. Von frühester Kindheit an war er von alten Büchern umgeben und wurde erst zu Hause unterrichtet. Im Alter von fünf Jahren lernte er lesen, möglicherweise mit einer Handschrift der Jónsbók, wie so viele in jener Zeit. Im Winter darauf erhielt Árni Lateinunterricht, als Zehnjähriger lernte er Griechisch und die Grundlagen der Mathematik. Ketill starb, als Árni sieben Jahre alt war. Dieser zog daraufhin zu seinem Onkel Páll, der ebenfalls Priester und Schreiber war.

Als Árni geboren wurde, war der Bischof Brynjólfur Sveinsson bereits in die Jahre gekommen und hatte dem dänischen König Frederik III. die Flateyjarbók (GKS 1005 fol.) für dessen Bibliothek geschenkt, ebenso der Codex Regius der Liederedda (GKS 2365 4to) und die Gráskinna, eine Handschrift der Njáls saga (GKS 2870 4to). Auf Island wurden alte Texte fleißigabgeschrieben, und der Konkurrenzkampf der Dänen und Schweden um die isländischen Handschriften war voll entbrannt. Zahlreiche Handschriften wurden außer Landes gebracht, manche im Auftrag dänischer, andere im Auftrag schwedischer Könige, andere von Isländern, unter anderem, um ihnen Vorteile beim Weg durch die dänische Bürokratie zu verschaffen, meist im Zusammenhang mit Bewerbungen um öffentliche Ämter oder Gerichtsprozessen. Isländische Handschriften gelangten auf diese Weise sowohl in Privatsammlungen ausländischer Wissenschaftler und Beamter wie auch in königliche Bibliotheken.

Die Liebe zu Büchern von Kindheit an
Das Zuhause, in dem Árni Magnússon seine Kindheit verbrachte, hatte sicherlich seinen Anteil an der Herausbildung des Interesses für Handschriften und der Liebe zu Büchern, die seine Arbeit kennzeichneten. Auf Notizzetteln, auf die er Einzelheiten bzgl. der Geschichte seiner Manuskripte schrieb, erwähnt er, in seinen Kindheitsjahren in Dalir die Königssagashandschrift Hulda (AM 66 fol), die Njálahandschrift Kálfalækjarbók (AM 133 fol), die Ólafs saga helga (AM 73 b fol) sowie die Jómsvíkingasaga (AM 288 4to) gesehen zu haben.

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Das Hauptgebäude der Universität von Kopenhagen, das im Jahre 1836 errichtet wurde. Die Universität wurde um die Frauenkirche herum gebaut.
Foto Davíð Kristinsson.

Studium und Arbeit in Kopenhagen
Árni trat als 17-jähriger in die Schule von Skálholt ein, von wo aus er nach Kopenhagen zu einem weiterführenden Studium wechselte. Er wurde bald zum Mitarbeiter des Historikers Thomas Bartholin, der als Historiker des Königs an einer dänischen Geschichte arbeitete. Diese Arbeit ermöglichte es Árni, sich voll und ganz alten Texten zu widmen, anstatt sich nur nebenbei mit ihnen zu beschäftigen, womit sich die isländischen Beamten und Priester oft begnügen mussten, solange es auf Island weder eine Universität noch Bibliotheken gab.

Arnas Magnaeus, wie Árni auf lateinisch genannt wurde, war angesichts seiner Schriftkundigkeit und der Beherrschung der Rechtschreibung alter Texte zweifelsohne eine gute Arbeitskraft. Bei Bartholin lernte er, den Quellenwert von Handschriften einzuschätzen und wie bedeutsam es war, in alten Büchern verborgenes Wissen über Geschichte und Literatur zu sammeln und zu bewahren. Árni beendete sein Studium 22-jährig im Jahre 1685 mit einem Abschluss in Theologie. Anschließend trat er eine erste Reise im Auftrag Bartholins, mit dem Zweck Handschriften zu sammeln, nach Island an, konnte aber nur wenige Handschriften ausfindig machen.

Der Beginn der arnamagnäischen Sammlung
Es dauerte nicht lange, bis Árni selbst anfing, parallel zur Sammlung von Büchern für seinen Arbeitgeber sich auch selber Handschriften zuzulegen. Seine Arbeit bestand darin, Handschriften abzuschreiben und einzelne Zitate daraus ins Lateinische zu übersetzen. Gleichzeitig nutzte er die Gelegenheit und erstellte Abschriften für sich selbst. Er bekam außerdem Bücher aus Privatsammlungen dänischer Beamter zur Abschrift ausgeliehen und holte sich schon bald Hilfe von isländischen Hochschulstudenten für die Schreibarbeit. Árni hatte in diesen Jahren kaum Geld, so dass dies seine einzige Möglichkeit war, Bücher zu beschaffen, nicht zuletzt Texte von teuren Pergamentbüchern. Später hatte er umfangreichere finanzielle Möglichkeiten und konnte einige Pergamentbücher aus ausländischen Privatsammlungen oder Nachlassen verstorbener Wissenschaftler und Buchsammler erstehen.

Reisen und Karriere
Árni reiste auf der Suche nach Handschriften und Abschriften für Bartholins Kirchengeschichte nach Norwegen. Er besuchte dort Þormóð Torfason, den für Norwegen zuständigen isländischen Geschichtsschreiber des dänischen Königs, um die zahlreichen isländischen Handschriften, die Þormóð für seine Arbeit aus der Bibliothek des Königs mitgenommen hatte, zu untersuchen. Darunter waren der Codex Regius der Liederedda und die Flateyjarbók sowie weitere wichtige Königssaga-Handschriften. Ein Verdienst Þormóðs war es, vielen von ihnen einen Namen gegeben zu haben. Solange beide lebten, verband Árni und Þormóð die Arbeit wie auch die Freundschaft. Kurz nachdem Árni aus Norwegen zurückgekehrt war, starb Bartholin im Alter von nur 31 Jahren. Árni bekam die isländischen Handschriften aus dem Nachlass, darunter die Möðruvallabók (AM 132 fol), die umfangreichste mittelalterliche Sammelhandschrift von Isländersagas. Sein Bestand an Pergamentbüchern wurde so erheblich aufgestockt.

Árni unter dem Schutz eines Magnaten
Árni wurde dann zum Schützling von Matthias Moth, dem Bruder von Sofia Amalia Moth, der Geliebten des dänischen Königs Christian V. Über Árnis Arbeit für Moth ist wenig bekannt. Im Jahr 1694 begab er sich im Auftrag der Universität für einen zweijährigen Studienaufenthalt nach Deutschland. Als er zurückgekehrt war, arbeitete er als Sekretär für Moth, der ein einflussreicher Mann war. Árnis Kontakt zu ihm erleichterte es ihm, auf Island Handschriften zu bekommen, wie auch, seine Landsleutegegenüber den Herrschern in Kopenhagen zu unterstützen. Oft erhielt er Handschriften als Bezahlung seiner Arbeit. Nach dem Machtwechsel 1699 verlor Moth seinen Einfluss, hatte Árni aber zuvor eine Stelle als Archivar in der Geheimaktensammlung des Königs verschafft sowie eine Stelle als Professor in dänischer Altertumskunde an der Universität in Aussicht gestellt. Zwei Jahre später bekam Árni diese Stelle.

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In AM 469 fol. aus der Sammlung Árnis sind die Originalaufzeichnungen für den Barðastrandarbezirk für das Grundbuch von Árni Magnússon und Páll Vídalin erhalten. Andere Originalaufzeichnungen für das Grundbuch sind im Staatsarchiv Islands aufbewahrt.

Aufenthalt auf Island 1702-1712 und Ehe
Árni hatte nicht viel Zeit, sich um seine Professorenstelle zu kümmern, da er ein Jahr später den Auftrag erhielt, nach Island zu reisen und gemeinsam mit dem Juristen Páll Vídalín die Zusammenstellung der Jarðabók (Grundbuch, Buch mit Eintragungen über Grundbesitz) zu leiten. Ihre Arbeit, die erste ihrer Art auf Island, bestand darin, alle Grundstücke des Landes, Bischofssitze und Klöster, zu beschreiben und eine Volkszählung durchzuführen. Dieser Schrift nach gab es in den Jahren 1702/03 50 000 Isländer. Árni und Jón sollten außerdem die Lebensbedingungen von Landpächtern untersuchen, den Handel überwachen, Vorschläge für die Verbesserung des Ertrags beim Fischfang erarbeiten und die Tätigkeit der Beamten prüfen. Dem Handschriftensammler bot sich dadurch die einmalige Gelegenheit, das Land zu bereisen und uneingeschränkten Zugang zu den Dokumenten seiner Landsleute zu bekommen, zumal er sich schon im Voraus nach Pergamentbüchern erkundigt hatte und kaufte, was er bekommen konnte. Die Arbeit aber zog sich beträchtlich in die Länge. Anstatt des vorgesehenen Aufenthalts von einem Jahr blieb Árni fast ununterbrochen für ein Jahrzehnt auf Island. Die Arbeit verzögerte sich beträchtlich, als zwischen 1707 und 1709 die Pocken auf Island wüteten und gut einem Drittel der Isländer, also etwa 18 000, das Leben kostete, so dass die Einwohnerzahl auf etwa 32 000 sank.

In diesem Zeitraum war Árni zweimal im Winter in Kopenhagen, zunächst 1705/06, dann 1708/09. Am 16. Mai dieses Jahres heiratete er Mette Fischer, eine reiche Witwe, die 19 Jahre älter war als er. Árni war damals 45 Jahre alt, seine Frau 64. Nach der Hochzeit reiste Árni wieder nach Island, um weiter an der Jarðabók zu arbeiten. In den folgenden drei Jahren sahen sich die Eheleute nicht, allerdings sind ein paar wenige Briefe der beiden erhalten.

Mette Jensdatter Fischer
Mette war die Witwe des königlichen Sattelmachers. Sie und Árni kannten sich schon, als Mettes erster Mann noch lebte. Jón Ólafsson aus Grunnavík, Árnis Gehilfe, erzählt in seiner Lebensgeschichte, er sei auf seinem Weg ins Archiv gerne bei den Eheleuten auf einen Tee vorbeigekommen. Es wurde unterstellt, Árni habe Mette des Geldes wegen geheiratet, vor allem aufgrund des Altersunterschiedes zwischen den beiden, aber aus den Briefen an Mette ist ersichtlich, dass Árni tiefe Zuneigung zu ihr empfand, was auf Gegenseitigkeit zu beruhen schien.

Abschied von Island
Im Jahre 1712 wurde Árni nach Kopenhagen gerufen und verließ Island endgültig. Wegen des Krieges zwischen Dänemark und Schweden empfand er es als zu riskant, seine Bibliothek über das Meer zu transportieren und brachte sie, zusammen mit Dokumenten, die die Arbeit an der Jarðabók betrafen, in 55 Kisten in Skálholt unter. Acht Jahre später war der Krieg vorbei und die Kisten wurden auf 30 Pferden nach Hafnarfjörður transportiert, wo sie in ein Schiff nach Kopenhagen verladen wurden. Letztlich richtete Árni die Bibliothek bei sich und Mette in der Store Kannikestræde zu Hause ein. Dort blieb sie, bis an einem dunklen Herbstabend 1728 in einem Haus in der Weststadt ein Feuer ausbrach, das schreckliche Folgen hatte.

Árni Magnússons Sammeltätigkeit
Árni Magnússon besaß die in seiner Zeit größte Einzelsammlung isländischer Handschriften. Er sammelte und forschte im Ausland, erkundigte sich in seinen Briefen an Isländer regelmäßig nach Handschriften und stellte Schreiber ein, unter anderem Jón Ólafsson aus Grunnavík, den Ziehson und Schreiber Páll Vídalíns, der bis zu seinem Lebensende in Árnis Sammlung arbeitete.

Árni sammelte fast alles, was er bekommen konnte. Für lateinische Schriften interessierte er sich allerdings wenig, benutzte sie lediglich als Einband für Bücher oder warf sie sogar einfach weg. Insbesondere historische Stoffe suchte er, wie etwa Handschriften der Landnámabók, der Sturlungasaga, der Königssagas (die er für glaubwürdig hielt), oder Annalen. Árni bewunderte Ari Fróði und dessen knappen Stil, die Isländersagas hatten für ihn als historische Quellen allerdings eher zweifelhaften Wert. Darüber hinaus nutzte er weitere alte Dokumente als wichtige Quellen.

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Myndin er af teikningu sem Árni Magnússon lét gera af innsigli Þingeyrarklausturs og finnst í handritinu AM 217 8vo, ásamt fleiri teikningum af sama toga og athugasemdum Árna um innsiglin. Þingeyrarklaustur var fyrsta klaustrið á Íslandi, stofnað árið 1133.

Die Tätigkeiten Árnis und seiner Schreiber
Árnis Schreiber fertigten unter strengen Vorgaben in einer genau geregelten Vorgehensweise Abschriften isländischer, norwegischer und dänischer Dokumente an und zeichneten Briefsiegel ab. Circa 6000 Abschriften solcher Dokumente sind erhalten, viele der originalen Vorlagen gingen allerdings verloren. Árni ließ auch Sagas und Gedichte aus eigenen Büchern abschreiben, aber auch aus solchen, die er nicht für seine Sammlung hatte erwerben können. Er verglich Handschriften ähnlichen Inhalts und sammelte einzelne Blätter, von denen er glaubte, dass sie aus identischen Büchern stammten.

Árnis Sonderstellung als Sammler
Im 17. Jahrhundert wurden hauptsächlich unversehrte oder nur leicht versehrte Pergamentbücher aus Island fortgebracht, denn die meisten Sammler interessierten sich ausschließlich für unbeschädigte Bücher. Nur wenige interessierten sich für Fragmente, Schnipsel oder Fetzen von Büchern. Árnis Sonderstellung bestand darin, dass er jedem Pergamentfetzen nachspürte, in welchem Zustand dieser auch sein mochte. Er war überzeugt, dass jeder Handschriftenschnipsel einen Wert als Textzeuge habe.

Diese Arbeitsweise Árnis ist von hohem Wert, da solche Fragmente bezeugen, dass es auf Island auch heute nicht mehr erhaltene Pergamentbücher gab, die andernfalls völlig unbekannt geblieben wären. Wer alte Handschriften, die oft dunkel geworden waren und die Schrift dadurch schwer entzifferbarer, nicht lesen konnte, wird häufig geglaubt haben, derartige Dokumente wären möglicherweise vom geringem Wert, nicht zuletzt dann, wenn es sich nur um Fragmente handelte. Bei beschädigten Büchern war die Gefahr des Verlustes also noch einmal größer. Árni gelang es aber, Buchschnipsel und manchmal ganze Bücher aus dem Mittelalter ausfindig zu machen. Der Bischof Jón Vídalín, Árnis Freund in Skálholt, suchte z.B. alle Pergamente aus seiner Bibliothek heraus und ließ sie Árni zukommen.

Die Zettelsammlung
Árni informierte sich stets über Herkunft und Geschichte der Handschriften und notierte alles auf Zetteln, die er den Büchern beigab. Er versuchte, die Geschichte einer Handschrift so weit wie möglich zurückzuverfolgen, in der Hoffnung, herausfinden zu können, wo und zu welchem Zweck sie angefertigt worden und durch wessen Hände sie gegangen waren. Diese Arbeit war äußerst aufwendig, aber der umfangreiche Nachlass Árnis hat sich Wissenschaftlern als unermessliche Hilfe bei eigenen Forschungen erwiesen.

Die Buchbindung von Handschriften aus Árnis Sammlung
Von Anfang an wurden Handschriften in Árnis Sammlung repariert und gebunden, unter anderem um Verfalls- und Gebrauchsschäden zu minimieren. Der erste Buchbinder arbeitete in den Jahren zwischen 1710 und 1720 für Árni. Sorgfalt war bei dieser Tätigkeit sehr wichtig, es durfte nicht viel vom Rand der Blätter abgeschnitten und der Text nicht beschädigt werden. Dennoch lagen bei Árnis Tod viele Handschriften nur in Form loser Bögen vor. Verantwortliche Bibliothekare und Wissenschaftler ließen die Handschriften danach weiterhin binden. Nach 1920 wurde verstärkt versucht, den Verfall alter Einbände zu verhindern, in den Jahren zwischen 1971 und 1997 wurde dann systematisch an der Restauration und Erhaltung aller Handschriften, die Island übergeben worden waren, gearbeitet. Nach Abschluss der Übergabe kümmerte man sich weiterhin auch um jenen Teil der Sammlung, der in Kopenhagen verblieben war.