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Orthographie

Regeln für die Schriftsprache
Um ihrem Zweck als Verständigungsmittel zu dienen, braucht eine Sprache eine gewisse Beständigkeit. Sprachliche Veränderungen geschehen daher nur in den seltensten Fällen über Nacht, sondern es dauert oft Jahre oder Jahrzehnte, bis alle Sprecher in einer Gesellschaft sie übernommen haben; einige Veränderungen setzen sich jedoch auch gar nicht durch. Die Schriftsprache gehorcht den gleichen Gesetzen und kann sogar noch konservativer sein als die gesprochene Sprache. Denn damit andere Sprecher einer Sprache geschriebene Texte verstehen, müssen sie ihr Zeichensystem verinnerlichen, d.h. ihre Orthographie.

Da die geschriebene Sprache oft ein längeres Leben hat als die gesprochene Sprache und es ihr Zweck ist, einen Inhalt zu bewahren und eine Zeit lang zugänglich zu machen, wird ihr Zeichensystem tendenziell oft ohne große Veränderungen beibehalten, da Texte sonst außerordentlich schnell veralten. Verbindliche Rechtschreibregeln sind auf Island jedoch erst seit ca. einem Jahrhundert in Kraft. In früheren Zeiten gab es eine größere orthographische Vielfalt, wobei die Orthographie wahrscheinlich mehr mit der Aussprache der jeweiligen Zeit übereinstimmte. Deshalb können Manuskripte uns Aufschluss darüber geben, wie die Leute zu der Zeit sprachen, als der Text aufgeschrieben wurde. An ihnen lassen sich somit verschiedene Veränderungen ablesen, die in einer Sprache stattgefunden haben.

Die isländische Orthographie, die heute in Kraft ist, orientiert sich an einem früheren Sprachstand und stellt eine Archaisierung der Sprache dar. Die isländische Schriftsprache unterscheidet sich deshalb ziemlich von der gesprochenen Sprache, denn das gesprochene Isländisch hat sich im Laufe der Jahrhunderte viel stärker verändert, als man es von der Orthographie her erwarten würde. So waren i und y einmal zwei verschiedene Laute im Isländischen, fielen dann aber zusammen zu i. Es wurde auch lange nur noch i geschrieben. Man schrieb auch úng und blaunk, wie es von der Aussprache her logisch wäre. Diese Schreibungen wurden später bewusst wieder zu den alten Formen ung und blönk verändert und auch das y wurde wieder eingeführt, um eine Verbindung zu den ältesteten geschriebenen Manuskripten aufrecht zu erhalten. Das erleichtert es demjenigen, der Isländisch beherrscht, alte Pergamenthandschriften zu lesen. Sehr wahrscheinlich hätten Isländer heutzutage jedoch allergrößte Schwierigkeiten, gesprochenes Isländisch aus dem 12. Jahrhundert zu verstehen, weil seitdem so viele lautliche Veränderungen im Isländischen stattgefunden haben. Aber das Lesen von Texten ähnlichen Alters kann nach einer kleinen Einführung in Schrift und Orthographie durchaus einfach sein.

Obwohl jeder Schreiber bis zu einem gewissen Grad seine eigene Rechtschreibung verwendete, gab es doch vieles, was die meisten Schreiber bis ins 15. Jahrhundert gemeinsam hatten. Die wichtigste Regel beim Lesen von Manuskripten bleibt jedoch die, dass nur wenige oder gar keine Regeln galten. Deshalb muss man stets darauf achten, was ein Wort möglicherweise bedeuten könnte.

Tabelle zu den wichtigsten orthographischen Veränderungen vom Alt- zum Neuisländischen

Orthographie

Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna Smelltu til að sjá skýringuna
Die Kreise markieren gängige Abkürzungen in isländischen Handschriften. Für Erläuterungen auf die Kreise klicken. Abgebildet ist eine Seite aus der Konungsbók der Grágás GKS 1157 fol. aus der Mitte des 12. Jahrhunderts.

Hier klicken für den Text in neuisl. Orthographie und in Übersetzung >>

Obwohl in früherer Zeit keine gesetzlich festgelegte Orthographie auf Island galt, gab es doch zu jeder Zeit eine bestimmte, besonders übliche Rechtschreibung, die die meisten kannten. Folglich war es schwerer, alte Bücher mit unbekanntem Schriftbild und Rechtschreibung zu lesen als neuere Bücher. Alte Geschichten wurden damals in der Rechtschreibung aufgeschrieben, die zu der Zeit am gängigsten war. Wenn man alte Texte in neuer Rechtschreibung druckt, gleicht das also vollkommen dem, was vor Jahrhunderten üblich war und neuen Generationen von Lesern einen besseren Zugang zum Inhalt der Manuskripte ermöglicht hat.

Stækkaðu myndina enn meira
Eine Reihe von Spezialzeichen und Abkürzungen aus Stađarhólsbók Grágásar AM 334 fol.

Mehr zu Spezialzeichen und Abkürzungen
Die Verwendung von Spezialzeichen und Abkürzungen, um das Schreiben zu beschleunigen und Pergament zu sparen, ist charakteristisch für isländische Handschriften. In den ältesten Manuskripten finden sich nur wenige Spezialzeichen, aber es werden manchmal Runen als Abkürzungen verwendet. Die m-Rune stand damals für das Wort maður („Mann, Mensch”) und die f-Rune für („Geld, Vieh”). Mit den Jahren stieg die Verwendendung von Spezialzeichen an und hielt sich bis ins 19. Jahrhundert, zumeist jedoch in Abschriften von alten Texten.

Kleine Kapitale sind kleine Großbuchstaben, die statt zweier Konsonanten verwendet werden, gg wurde G geschrieben und rr R. Ein Punkt über einem Buchstaben wurde zum gleichen Zweck verwendet.

Ligaturen sind zwei Buchstaben, die miteinander verschmolzen werden, um Platz zu sparen. Der Buchstabe æ ist ein Beispiel für eine solche Ligatur, zusammengesetzt aus a und e. In alten Texten wird a zum Teil auch an andere Buchstaben gesetzt, es finden sich z.B. an-Ligaturen, af-Ligaturen aa-Ligaturen, aber auch or-Ligaturen.

Nasalstriche sind Zeichen für die Nasale m und n und manchmal zusätzlich für weitere Buchstaben. Sie wurden über Buchstaben gesetzt.

Spezialzeichen wurden über einen Buchstaben gesetzt, um einen Vokal und einen Konsonanten zu bezeichnen, es gab z.B. Zeichen für -ra, für -ar, für -er/-ir, für -re und für -us.


Und es sollen auf einem Thing fünf Nachbarn zum Heim desjenigen geschickt werden, der angeklagt ist.

zur Geschichte der isländischen Rechtschreibung
zur Rechtschreibung von Halldór Laxness